Der Stadtrat befasste sich in seiner Sitzung am 19.12.2017 mit dem Haushalt für das Jahr 2018. Dazu im Folgenden die Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Benjamin Qualmann, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wiese, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Waldau, sehr geehrte Damen und Herren,

es ist nun schon das zweite Mal, dass wir in diesem Jahr als Rat der Stadt Winsen einen Haushalt beraten. Ich habe im Februar gesagt, dass Haushaltsberatungen immer die Zeit sind, wichtige Weichen für die Entwicklung unserer Stadt zu stellen. Das trifft nach wie vor zu, auch wenn wir feststellen, dass die Mühlen in diesem Gremium manchmal leider sehr langsam mahlen.

Beispiel: Im Februar 2017 gab es endlich Bewegung zum bezahlbaren Wohnraum, nachdem wir zuvor über 4 Jahre vergeblich immer wieder Anträge dazu gestellt haben. Aber: Die Beteiligung an der Kreiswohnungsbaugesellschaft darf uns dabei aber nicht reichen, denn bezahlbarer Wohnraum bleibt trotzdem weiter knapp. Landkreisweit werden durch die Gesellschaft bis 2020 lediglich 1.000 Wohnungen geschaffen. Das Thema Wohnen in Winsen muss uns deshalb im nächsten Jahr weiter beschäftigen: kleine und große Wohnungen, barrierefreie Wohnungen und betreutes Wohnen. All das finden wir in Winsen fast ausnahmslos im hohen Preissegment und meist nur in Form von Wohnungseigentum. Hier hat Winsen großen Nachholbedarf.

Wir werden deshalb dafür eintreten, dass bei allen Neubaugebieten bezahlbarer Wohnraum entsteht, und wollen so den Wohnraumbedarfen aller gesellschaftlichen Gruppen gerecht werden: im Hinblick auf alte Menschen, die in die Nähe ihrer Kinder ziehen möchten, im Hinblick auf junge Leute, die aus dem Elternhaus streben, aber Winsen treu bleiben möchten, im Hinblick auf Familien, die sich kein Wohnungseigentum leisten können und im Hinblick auf die Unternehmen, die ihre Mitarbeiter natürlich vor Ort haben wollen. Denn es kann nicht sein, dass wir die Ansiedlung eines Betriebes wie Amazon zulassen und in Verkehrsinfrastruktur investieren, es uns aber gleichgültig lässt, was Arbeitnehmer auf sich nehmen müssen, um diesen Arbeitsplatz zu erreichen. Wie persönlich und familiär belastend Arbeitswege sein können, wissen viele, die im ländlichen Raum wohnen und mit den „sparsamen“ Mitteln des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum ihren Arbeitsplatz praktisch kaum erreichen können. Auch hier sind wir gefordert, den Menschen, die dort Arbeit finden mittelfristig zu ermöglichen, hier Wohnraum zu finden.

Um der weiter hohen Nachfrage nach Bauland in diesem Sinne gerecht zu werden, werden wir dem Antrag der FDP-Gruppe zustimmen, um die Fortschreibung des Flächennutzungsplans anzustoßen.

Weiteres Beispiel: Im Februar wurde unser Antrag für ein Veranstaltungs- und Tagungszentrum noch abgelehnt. Heute wird es wahrscheinlich eine Mehrheit für unseren Antrag und damit auch hier endlich Bewegung geben. Kern des Antrags ist zum einen die Erweiterung der Stadthalle um ein Hotel und Tagungsräume sowie die Suche nach Investoren, die bereits entsprechende Referenzen im Hotel- und Veranstaltungsbetrieb aufweisen. Zum anderen soll unter Beteiligung externer

Berater ein umfassendes Sanierungskonzept für die alte Stadthalle sowie die Überplanung des gesamten Bereichs angestoßen werden. Dafür wollen wir 25.000 Euro in den Haushalt einstellen.

Wir haben anfangs einen anderen Standort für das Zentrum favorisiert, orientieren uns aber am Gutachten des Beratungsbüros ift Freizeit- und Tourismusberatung, das diesen Standort als Besten herausgearbeitet hat. Deshalb gilt es nun, dieses Ergebnis seitens der Politik mit breiter Mehrheit zu unterstützen und heute die entsprechenden Beschlüsse für die Entwicklung zu fassen.

Kleine Anmerkung dazu: Dieses Gremium sollte sich ruhig öfter an den Experten orientieren. Die Sanierung des Innenstadtrings ist doch das beste Beispiel dafür. Dort hat das Planungsbüro für Winsen 2030 explizit auf Mängel und Nachbesserungen des frisch sanierten Bereichs hingewiesen. Den Stadtrat in seiner Mehrheit und Weisheit lässt das heute bei der Abfassung des Mobilitätskonzepts für die Innenstadtsanierung, wie vorhin gesehen, leider völlig unbeeindruckt. Die Planer, die tag ein und tagaus Innenstädte neu aufstellen, wissen, welche Stellschrauben gedreht werden müssen. Sie haben in den Beratungen sogar empfohlen, auch in Winsen den Verkehr aus den Einkaufsstraßen raus zu halten. Übrigens eine Position, die nicht nur die Erfahrungen vieler anderer Städte bestätigt, sondern die eine große Mehrheit der Besucher der Einkaufsstraßen bei unserer Umfrage vor Ort als Wunsch geäußert haben. Mit Blick auf den Einzelhandel muss ich leider feststellen: Wenn das Fahren bis in den Laden das alleinige Heilmittel sein soll, um gegen den Onlinehandel zu bestehen, wird es in 10 Jahren keinen Einzelhandel mehr in Winsen geben! Es gäbe viel effektivere Dinge, die Frequenz bringen, wie bspw. der kleinste gemeinsame Nenner einheitliche Öffnungszeiten. Es sind aber auch insgesamt neue Wege erforderlich. Dazu gehört auch die Frage, wie baut der Winsener Einzelhandel einen Service „in häuslicher Umgebung“ auf - für Menschen, denen Zeit und Gelegenheit zum Shopping in der Stadt fehlen? Diese Frage sollte im kommenden Jahr gemeinsam diskutiert werden.

Drittes Beispiel, wo die Mühlen in Winsen langsam mahlen, ist der Bauhof. Bereits im Jahr 2014 wurde ein Organisationsgutachten erstellt, das auf den Personalmangel beim Bauhof hingewiesen hat. Wir haben dann im selben Jahr den Antrag gestellt, diesen Mangel zu beseitigen. Leider vergeblich. Doch nun kommt auch hier endlich Bewegung rein und die entsprechenden Stellen sind im Stellenplan vorhanden. Mit Blick auf den Stellenplan wünschen wir uns auch, dass in den nächsten Jahren wieder mehr ausgebildet wird.

Positiv ist unser Antrag für die Neuaufstellung der Stadtbücherei gewesen. Im Haushalt sind bereits 10.000 Euro für die Suche eines neuen Standorts eingeplant. Auch ein neues Strategiekonzept soll angeschoben werden. Vergleichbare Kommunen in Niedersachsen haben sich bereits auf den Weg gemacht, ihre Stadtbüchereien neu aufzustellen und wurden dafür sogar mit dem Siegel „Bibliothek mit Qualität und Siegel“ zertifiziert. Das muss als Kreisstadt unser Ziel sein.

Ebenfalls positiv sind auch die bereits im Haushalt eingeplanten Investitionen, mit denen die Schulen zukunftsfähig gemacht werden. Aber auch in diesem Bereich stellen die bisherigen

Entscheidungen nur einen ersten Schritt in die Zukunft dar. Maßgeblich wird im kommenden Jahr sein, welche Lösungen wir gemeinsam finden, um den parallelen Betrieb von Ganztagsschule und Hort aufzugeben. Unsere Position ist dabei klar: Wir werden uns dafür einsetzen, dass Ganztagsschule nicht zum Billigmodell für Schulkindbetreuung wird, und stimmen nur dann für die Auflösung der Horte, wenn an den Schulen eine bedarfsgerechte Betreuung garantiert ist, die quantitativ und qualitativ dem jetzigen Leistungsspektrum der Horte entspricht.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn sich in den nachfolgenden Beratungen noch bestätigt, dass die langsamen Mühlen mit Blick auf den Haushalt 2018 sowohl beim Thema Stadthalle als auch beim Thema Personalmangel beim Bauhof endlich fertig gemahlen haben, stimmen wir heute dem Haushalt für das kommende Jahr zu.

Unser Dank geht heute auch an die Verwaltung, die uns sehr gut durch die Haushaltsberatungen begleitet hat, insbesondere bei unseren Fragen zu bestimmten Positionen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.