Datum und Uhrzeit

5. Oktober 2007, 19:00

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Vortrag und Buchvorstellung von Prof. Dr. Dr. G. Wiemann am 5.10.2007 im Café im Marstall, Winsen (Luhe) / Eintritt frei!

In diesem Jahr ist es genau 75 Jahre her, dass ein Ereignis die Menschen in der Winser Marsch erschütterte, das noch heute die Gemüter erregt: Am 22. Februar 1932 erschoss der Winsener Sozialdemokrat und Kleinbauernführer des Kreises Harburg, Kurt Gellert, in Notwehr den SA-Mann Artur Wiegels. Obwohl das Landgericht Lüneburg wegen der klaren Beweislage das Totschlagsverfahren gegen Gellert einstellen und auf Notwehr erkennen musste, ist heute noch verbreitet zu hören, Gellert habe A. Wiegels ermordet eine Legende, die mit Pomp und Pathos von den Nazis um ihren sog. Märtyrer der Bewegung verbreitet wurde. Vor dem tödlichen Schuss und danach wurde K. Gellert mit seiner Familie von nationalsozialistischen Mitbürgern ständig massiv bedroht und drangsaliert. 1933 entkam er den Nationalsozialisten mit knapper Not nach Holland, später nach Schweden. Selbst dort versuchte die Hitler-Regierung seiner habhaft zu werden. - Nach dem Kriege verbrachten viele deutsche Jugendliche vor allem auch aus Winsen ihre Sommerferien auf dem Bauernhof von K. Gellert in Südschweden. Aber nie wurden seine großen Leistungen für die Kleinbauern und für die demokratischen Kräfte in der deutschen Gesellschaft gewürdigt!

In diesem Jahr ist nun die Biographie Kurt Gellerts im Willy-Brandt-Haus in Berlin vorgestellt worden. Günter Wiemann: Kurt Gellert Ein Bauernführer gegen Hitler. Widerstand, Flucht und Verfolgung eines Sozialdemokraten.

Darin zeichnet Wiemann das Bild eines Winsener Sozialdemokraten, der seine große Tatkraft mutig und intelligent für die von ihm vertretenen Kleinbauern einsetzte. Seine Begabungen und seine Interessen brachten ihn mit führenden Köpfen des kulturellen und politischen Lebens der Weimarer Republik in Verbindung. Eine beeindruckende sozialdemokratische Persönlichkeit in der die besten Tugenden der Arbeiterbewegung verkörpert waren! Bis zu seinem Tode im Jahre 1990 stand Gellerts Leben unter dem Schatten des Ereignisses aus dem Jahre 1932 und der damit verbundenen Verfolgung. Immer hat er auch das Leid der Familie A. Wiegels gesehen ganz im Gegensatz zu den Nazis, die den Toten für ihre Propagandazwecke instrumentalisierten. Warum ist das Wissen um das Schicksal K. Gellerts für uns heute wichtig?

1. Seine Biographie zeigt uns präziser und spürbarer als zeitgeschichtliche Studien, wie hier, bei uns vor der Tür von unseren Nachbarn und Verwandten die Weimarer Republik zugrunde gerichtet wurde.

2. Sie zeigt in K. Gellert, welche mutigen, abseits formaler Bildungsabschlüsse außerordentlich begabten Menschen in der SPD sozial segensreich tätig waren.

3. An seinem Schicksal wird deutlich, welcher alltägliche Terror von den Nationalsozialisten auch heute zu erwarten ist und weshalb ihre Machtergreifung schon auf lokaler Ebene mit allen Demokraten im Keime verhindert werden muss.

Prof. Dr. Dr. G. Wiemann (85) war ca. 40 Jahre lang mit K. Gellert befreundet und erhielt seinen gesamten schriftlichen Nachlass zur Auswertung. Er ist selbst ein sozialdemokratischer Zeitzeuge, der anschaulich und bewegend über das Leben K. Gellerts berichten wird. Auch Börje Gellert, der Sohn K. Gellerts, wird anwesend sein.

Eine einmalige Gelegenheit, mehr über die Winsener SPD-Geschichte zu erfahren!