Fracking bewegt die Gemüter und lässt viele Fragen offen. Insbesondere Fragen über Chancen und Risiken. Dr. Matthias Miersch (MdB), umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion war auf Einladung von Bundestagskandidatin Svenja Stadler und der Winsener SPD nach Winsen gekommen und stellte diese Fragen ins Zentrum seines Vortrags. Im voll besetzten "Marstall" konnten dabei auch viele Fragen der Gäste beantwortet werden.

In ihrem Einführungsstatement hob Svenja Stadler insbesondere das Unbehagen weiter Teile der Bevölkerung gegenüber dem Fracking hervor und erläuterte, wie hautnah die Bürgerinnen und Bürger in Winsen sowie in den Gemeinden Seevetal, Stelle, Salzhausen, Hanstedt und in der Elbmarsch vom „Erkundungsgebiet Oldendorf“ betroffen sind; dort war kürzlich eine Aufsuchungserlaubnis zur Erforschung von Kohlenwasserstoffvorkommen erteilt worden.

Dr. Matthias Miersch stellte das Thema „Fracking“ in den Zusammenhang mit der „Energiewende“ und der zukünftigen Stromversorgung Deutschlands. Zu den offenen Fragen gehöre, dass laut einer EU-Studie aus dem Jahr 2011 bisher keine vernünftige Gesetzgebung zu Fracking auf EU- oder mitgliedsstaatlicher Ebene vorhanden sei. Zudem fehle das Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchungen, zum Beispiel zur Wassergefährdung, zur Frackwasserentsorgung, zu Haftungsfragen oder zur Wirtschaftlichkeit. Diese Studien seien noch nicht abgeschlossen.

Dringend erforderlich sei eine gesetzliche Regelung, die den Bedürfnissen der Bevölkerung und dem Schutz der Umwelt Rechnung trage. Aufgrund der noch ungelösten Fragen fordere die SPD ein Moratorium für die Verpressung von Abwässern in Versenkbohrungen und ein Verbot der Verwendung giftiger Chemikalien; die schwarz-gelbe Bundesregierung wolle dies aber nicht, so Miersch. Ebenso wehre sich die SPD – anders als die Bundesregierung – generell gegen den Einsatz giftiger Chemikalien. Gestützt werde diese Haltung durch eine Aussage des Europachefs von Exxon Mobil, Gernot Kalkoffen, aus dem Jahre 2012, wonach Exxon das Ziel habe, in spätestens zwei Jahren auf alle giftigen Chemikalien zu verzichten.

Der Forderungskatalog der SPD, der auch im Regierungsprogramm 2013 – 2017 seinen Niederschlag gefunden hat, ist umfangreich: Verzicht auf Fracking, bis alle Risiken für Gesundheit und Umwelt bewertet und ausgeschlossen wurden; nachfolgend eine Umweltverträglichkeitsprüfung auch für alle in Planung befindlichen Frackingvorhaben; frühestmögliche Information und Öffentlichkeitsbeteiligung; Betreiber sollen für mögliche Schäden haftbar gemacht werden; die verwendeten Chemikalien sollen offen gelegt werden; Auflagen und Entsorgungspläne für Lagerstättenwasser. Die Chancen für eine gesetzliche Regelung noch in dieser Legislaturperiode sieht Miersch in Anbetracht der Streitereien zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium allerdings als eher gering und hofft deshalb auf eine Wende am 22. September.

In der sich anschließenden intensiven Diskussion wurden verschiedene Themen vertieft. So machte Dr. Matthias Miersch deutlich, dass der Erdgasanteil an der deutschen Stromerzeugung nur 11 Prozent betrage (im Jahr 2012). Zudem reiche das durch Fracking geförderte Gas für höchstens 20 Jahre. Deshalb bestehe absolut kein Druck, das Fracking nun schnellstmöglich zu nutzen. Es sei eben nicht unverzichtbar, auch wenn viele das so darstellen. Den Menschen in den betroffenen Regionen riet Miersch, sich weiter zu informieren, ihre politischen Vertreter in die Pflicht zu nehmen und sich zu verbünden, um politischen Druck zur Lösung offener Fragen auszuüben. Dies könnte auch ein Signal an die politisch Aktiven im Landkreis Harburg sein.

Jetzt auch noch Fracking - 2 (07.05.2013)
v.l.n.r.: Dr. Matthias Miersch (umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion), Svenja Stadler (Bundestagskandidatin) und Moderator Matthias Westermann (Mitglied im Vorstand der Winsener SPD)