2. Winsener Stadtgespräch zur Situation im Projekt „Soziale Stadt“
Sicherheit, Nachbarschaft, gesundes Wohnen und ein familiengerechtes Wohnumfeld - diese Themen standen im Mittelpunkt des 2. Stadtgespräches „Soziale Stadt für alle“.
„Nachbarschaftliches Leben und Wohnen in der Kernstadt entscheiden die Lebensqualität in Winsen und damit die Attraktivität unserer Stadt – vor allem auch dann, ...
...wenn sie weiter wächst,“ eröffnete Ortsvereinsvorsitzender Norbert Rath das Stadtgespräch. Die Sozialdemokraten hatten vier Bewohner und Praktiker eingeladen, die als Experten für das Leben im Viertel gelten können: Sven Schläfke und Ronai Temel wohnen im Quartier, Sven Dunker ist Quartiersmanager der RESO-Fabrik, Anke Boldt Beraterin für Migration und Integration der Arbeiterwohlfahrt. Sie begleitet in Stade ein Projekt aus dem Programm „Soziale Stadt“.
Schnell wurde klar, dass nur gemeinsames Handeln letztlich zum Erfolg führt. Besonders der Zustand der Hochhäuser im Albert-Schweitzer-Viertel schadet allen Bürgern im Viertel: Er mindert den Wert der angrenzenden Häuser und führt dazu, dass viele Mieter so schnell wie möglich wieder ausziehen wollen.
Schimmel hat die Wände teilweise großflächig befallen: ein hohes Risiko für die Gesundheit der Mieter. Abhilfe werde oft nicht geschaffen. Bevor etwas geschehe, müssen die Betroffenen einen Rechtsanwalt einschalten und klagen, weiß Ronai Temel über die Situation vor Ort. Stadt, Kreis und ARGE sollten die ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel konsequent anwenden, um den Bürgern im Viertel zu helfen, wurde gefordert. Gleichzeitig laufen die Investitionen in das Wohnumfeld des Projekts gut an: Das Parkhaus ist abgerissen und das Gelände wird neu begrünt. Dieser Teil der Maßnahmen wird über das Programm „Soziale Stadt“ gefördert; die Sanierung ist Aufgabe der Trägergesellschaft, des Immobilienfonds Capricornus aus Berlin. „Ich habe durch das Projekt „My Life“ vor Ort feststellen können, wie menschenunwürdig Bürger in Winsen leben müssen. Es gibt teilweise kein warmes Wasser, die Heizung wird im Winter ausgestellt, da die Trägergesellschaft als Vermieter kein Heizöl eingekauft hat. Zudem ist der Schimmel innerhalb der Wohnungen eine ernste Bedrohung für die Gesundheit der Mieter. Letztlich muss man deshalb auch über Möglichkeiten und Wege nachdenken, das bebaute Grundstück unter Umständen von dieser Gesellschaft zu übernehmen“, fasste Bürgermeisterkandidat Dr. Dieter Bender die Diskussion aus Sicht der SPD zusammen.
Bei der Sicherheit ist die Hilfe der Polizei und der Stadt wünschenswert. Die Sorgen der Anwohner und einzelne persönliche Erlebnisse gilt es ernst zu nehmen, sonst verliert das Projekt seine breite Akzeptanz. Das Albert-Schweitzer-Viertel unterscheidet sich zwar nicht grundsätzlich von der Lage in anderen Bereichen der Stadt, aber es braucht neue Angebote. Anke Boldt berichtete, man habe in Stade mit geführten Spaziergängen besonders für Frauen gute Erfahrungen gemacht. Polizisten begleiteten dort Bürgerinnen zu solchen Plätzen, die ängstliche Gefühle auslösen, um vor Ort das weitere Vorgehen zu besprechen. Es sei aber immer wichtig, die Polizei rasch anzusprechen, wenn jemand persönlich eine Bedrohung erlebt oder empfunden habe, ergänzte Sven Dunker.
Gelöster wurde das Gespräch bei der Förderung des Zusammenhalts in der Nachbarschaft. Ganz oben auf der Liste stehen die Gründung eines Quartiersbeirates und die Einrichtung eines kleinen Stadtteilfonds. Der Beirat könne mit dem Fonds gezielt Initiativen vor Ort fördern. Zwar konzentriere sich aktive Beteiligung immer auf wenige Bewohner, erklärte Sven Schläfke, aber die könnten viel bewegen. Schläfke ist im Albert-Schweitzer-Viertel groß geworden und hat gerade sein Studium in Potsdam mit einer Master-Arbeit „Bürgerbeteiligung in Projekten ‚Soziale Stadt‘ " erfolgreich abgeschlossen. Auch wenige Aktive könnten die Lebensqualität eines Viertels deutlich und nachhaltig verbessern.
„Wir bleiben am Ball. Wohnen, Nachbarschaft und Einkaufen sind Wohlfühlfaktoren und damit wichtige Anknüpfungspunkte für unser kommunalpolitisches Engagement,“ so Norbert Rath zum Abschluss. „Dazu gehört auch ein Thema wie die Attraktivität und das Einkaufsangebot unserer Innenstadt.“