Unter dem Titel „Sicherheit & Prävention“, Gemeinsam handeln − mit Verantwortung und Zivilcourage fand das 5. Winsener Stadtgespräch in der Schlosskapelle des Winsener Schlosses statt. Hauptreferent war der Hamburger Senator für Inneres und Sport, Michael Neumann.

Die öffentliche Wahrnehmung zu Gewalt unterscheide sich von der tatsächlich vorhandenen. So beginnt Michael Neumann seinen Vortrag und führte als Beispiel die Bahnhöfe von S- und U-Bahn in Hamburg an, die laut Kriminalstatistik die sichersten Orte in Hamburg seien. Durch zusätzliches Aufsichtspersonal sei die Kriminalität deutlich gesunken. „Allerdings sind die Bahnhöfe oft unter der Erde und man muss in einen dunklen Tunnel hinabgehen. Da ist das persönliche Empfinden häufig mulmig“, so Neumann. Für den Hamburger Senator haben die Medien großen Einfluss auf das persönliche Sicherheitsempfinden. Die Gewalt in den Nachrichten schüre das Unsicherheitsempfinden in großem Maße. Meist handele es sich aber um einen Zusammenschnitt von Gewalttaten aus aller Welt und nicht um Geschehnisse in der eigenen Umgebung.

Das Thema Gewalt gelte es, generell an den Wurzeln zu packen. „Allein ein fehlender Schulabschluss bedeutet fast immer Chancenlosigkeit in unserer Gesellschaft“, beschreibt Neumann die Folgen. Die Polizei könne der Politik nur Zeit verschaffen. Am Ende sei es aber die gemeinsame Aufgabe von Politik und Gesellschaft, die sozialen Probleme zu lösen.

Das gelte auch für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. „Die unsinnige Debatte, ob der Islam nun zu Deutschland gehört oder nicht, hilft uns weder in der konkreten Lebenssituation noch bei der Frage, wie wir in unserer Gesellschaft friedlich zusammenleben, weiter.“

Sport habe für ihn dabei eine besondere Funktion, um Werte wie Disziplin und Teamgeist zu vermitteln. Im Sport würde niemanden nach seiner Herkunft oder Ähnlichem beurteilt. „Sport misst immer anhand der Leistung und wie sich jemand verhält. Deshalb hat er eine unglaublich integrative Funktion,“ so Neumann und ergänzt: „Eine Verlierermentalität fördert immer die Bereitschaft zu Gewalt und Kriminalität. Dem können wir begegnen, wenn wir neue Lebensperspektiven und Chancen bieten.“ Dazu sei aber Umdenken erforderlich.

Für Hamburg bedeute der Ausbau der Ganztagsbetreuung ein Schritt, um neue Lebensperspektiven zu bieten. Passende Bildungsangebote, die fördern und unterstützen, stehen für den Senat der Hansestadt ganz oben auf der Agenda. „Da können wir ruhig skandinavisch werden“.

In der folgenden Gesprächsrunde mit Michael Neumann, Wilfried Haensch (Kriminaloberrat, stv. Leiter Polizeiinspektion Harburg) und Franz Schaffeld (Vorstandsmitglied der Reso-Fabrik e.V.) stellte SPD-Ortsvereinsvorsitzender Norbert Rath die Situation in Winsen in den Vordergrund.

Wilfried Haensch gibt dem persönlichen Sicherheitsempfinden eine große Rolle: „Das subjektive, gefühlte Leben ist in Bezug auf Sicherheit ganz oft wirklichkeitsfremd. Die befürchteten Taten bleiben schlichtweg aus.“ Die Situation hier in Winsen sei insgesamt betrachtet relativ gut behütet. „Wenn im Bereich der Jugendlichen was los ist, müssen diese konsequent aufgefangen werden,“ so Haensch. Er führt dazu ein Beispiel aus der Wirtschaft an. So habe eine Firma Jugendlichen ohne Schulabschluss und ohne Perspektive einen Ausbildungsplatz als Fachkraft für Lagerwirtschaft gegeben.

Franz Schaffeld hält solche Ansätze für den richtigen Weg. „Strafarreste oder ähnliche Vorschläge sind der falsche Weg. Denn das Umfeld der Jugendlichen ist im Anschluss immer noch dasselbe.“ Die Reso-Fabrik habe deshalb verschiedene Projekte aufgelegt. So würden bspw. arbeitslosen Jugendlichen durch ein Case-Management neue Perspektiven aufgezeigt werden. Wichtig seien aber vor allem ein früher Start der Bildung und besondere Förderung von Grundschulkindern, damit niemand abgehängt werde. „Bildung ist der totale Schlüssel“, unterstreicht Schaffeld seine Forderung.

Am Ende der lebhaften und engagierten Diskussion fassten Neumann, Haensch und Schaffeld zusammen:

Es müssten Gesprächszusammenhänge in der Stadt geschaffen werden, damit Akteure aus allen Kulturen, Altersklassen, Glaubensrichtungen und den Winsener Vereinen und Verbänden, mit dem Bürgermeister an der Spitze, zusammenfinden. Dieses könne beispielsweise über einen klassischen Präventionsrat geschehen, der eben nicht nur aus Hauptamtlichen besteht, sondern ehrenamtliches Engagement zwingend mit einbindet.

Bloßes reden reiche aber nicht aus. Am Ende müsse immer gehandelt werden. Dazu gelte es, Leitplanken zu setzen, innerhalb derer sich eine Gesellschaft bewege. Dazu gehören vor allem die Werte und Regeln unserer demokratischen Verfassung. „Nur wenn wir das bewahren, was uns wichtig ist, können wir eine friedliche Gesellschaft schaffen“, so Michael Neumann mit dem Schlusswort.

5. Winsener Stadtgespräch (24.04.2012)
Auf dem Bild v.l.: Franz Schaffeld (Vorstandsmitglied Reso-Fabrik e.V.), Wilfried Haensch (Kriminaloberrat, stv. Leiter Polizeiinspektion Harburg), Norbert Rath (SPD-Ortsvereinsvorsitzender), Markus Beecken (SPD-Landtagskandidat) und Michael Neumann (Hamburger Senator für Inneres und Sport)