„Alle unter einem Dach“ – Dr. Henning Scherf, Bremer Bürgermeister a.D. referierte auf dem SPD-Hoffest bei Familie Lühr in Roydorf über das Thema „Wohnen und Leben im Mehrgenerationenhaus“.

Die heutige Gesellschaft ist vom Altersdurchschnitt völlig anders zusammengesetzt. „Doch die um durchschnittlich 25 Jahre gestiegene Lebenserwartung ist ein großes Geschenk“, so Dr. Henning Scherf zu Beginn seines Vortrages. Doch nur, wenn jeder weiter in die Gesellschaft eingebunden werde, mache es auch Spaß, alt zu werden. „Es ist eine abenteuerliche Fantasie, alt werden durch ein Leben in Wohnheimen regeln zu wollen,“ so Scherf. Es gebe nicht nur den Pflegenotstand durch fehlendes Personal sowie den finanziellen Aspekt - viele Menschen könnten sich das Leben im Heim aufgrund der hohen Kosten schlicht nicht leisten. Sehr viele Menschen wollten das auch gar nicht. Das mache deutlich, dass diese Wohnform nicht die Regel werden könne. Auch um die Solidarität in der Gesellschaft zu erhalten, müssten Alternativen her.

„Der Vorteil, den gerade mehrere Generationen unter einem Dach bieten, ist nicht nur die Sicherheit, im Fall der Fälle jemanden vor Ort zu haben. Es hält auch mobil, da jeder seine Aufgabe hat“, so Scherf, der selbst seit 25 Jahren in einer Wohngemeinschaft von acht Personen lebt. „Jeder hat so seine Rolle und das Gefühl gebraucht zu werden,“ weiß Scherf. Aber nicht nur Ältere hätten so Vorteile. Heute würden auch Demenzerkrankte in Wohngemeinschaften mit anderen Menschen zusammenleben und würden so weiter aktiv am Leben teilnehmen.

Ziel müsse es sein, dass jeder in seinem bekannten Umfeld bleiben könne. In einem Umfeld, in dem man sich zurechtfinde. „Das zu fördern ist Aufgabe der Kommunalpolitik. Denn nur hier vor Ort ist es möglich, so eine Entwicklung in ihrer Gesamtheit zu fördern. Das ist auch eine Riesenchance für Euch in Winsen,“ macht Scherf die Möglichkeiten deutlich. So werde einer neuen Individualismusentwicklung entgegengewirkt, die am Ende zu Vereinsamung führe. Scherf kenne Leute, „die ganz allein in einem riesigen Haus wohnen, mit ihren Bildern und Teppichen, aber kaum oder gar keinen Kontakt zu anderen haben.“ Um das zu verhindern, würden aber die besten Konzepte und Wohnformen nicht helfen, wenn es keine Motivation gäbe. Sie sei nötig, damit entsprechende Projekte und Wohnformen auch entstehen könnten.

Dr. Scherf wies zudem darauf hin, dass Winsen mit einem Bürgermeister Dr. Dieter Bender eine „dicke Chance“ habe, die Stadt voranzubringen. „Es ist eine tolle Gelegenheit, jemanden, der Auslandserfahrung hat, der als Unternehmensberater weiß, wie man Unternehmen entwickelt und der die Schule als Lehrer von innen kennt, zum Bürgermeister zu bekommen. Die Leute müssen es nur begreifen“, stellt Scherf die Bedeutung der Wahl heraus.