Der Stadtrat hat im Verlauf seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag eine neue Entgelt- und Benutzungsordnung für Kindertagesstätten beschlossen. Seit knapp 2 Jahren wurde immer wieder über verschiedene Entwürfe diskutiert - nun liegt im Ergebnis eine Satzung vor, die an vielen Stellen mangelhaft ist.

Benjamin Qualmann, Fraktionsvorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion, hat dazu folgendes Statement gegeben:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

vor gut 2 Jahren haben wir begonnen, über eine neue Entgelt- und Benutzungsordnung für Kindertagesstätten zu diskutieren. Seinerzeit hatte die Verwaltung einen Entwurf mit dem erklärten Ziel vorgelegt, die Elternbeiträge zu erhöhen – begründet mit dem Hinweis auf die erhöhten Kosten im Haushalt der Stadt durch die steigende Zahl an neuen Kitaplätzen.

Damals haben Elternvertreter hier im Rat massiv dagegen protestiert, dass der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz auf diese Weise unterlaufen werden soll.

Die Ratsfraktionen SPD, Grüne/Linke, Freie Winsener und Winsener Liste haben sich dieser Interessen angenommen und unter Beteiligung von Eltern- und Kitavertretern eine Entgelt- und Benutzungsordnung vorgelegt, mit der

• der Elternbeitrag nicht erhöht wurde,
• die Geschwisterkindermäßigung auch während des beitragsfreien Kitajahres beibehalten wurde,
• eine größere Beitragsgerechtigkeit geschaffen wurde durch stärkere Differenzierung in 20 statt bisher 6 Einkommensstufen,
• das Anmeldeverfahren durch eine zentrale Anmeldestelle bei der Stadt für Eltern vereinfacht wurde und
• Transparenz bei der Vergabe der Plätze durch einheitliche Kriterien bei allen Trägern geschaffen wurde.

Mit diesen Regelungen sollte sichergestellt werden, dass Winsen seinem Anspruch als familienfreundliche Stadt nicht nur auf dem Papier sondern auch in Zukunft real gerecht wird. Zudem sollte Winsen so seine attraktive Stellung als Wohnort-Alternative in der Metropolregion Hamburg aufrechterhalten.

Daraufhin sind wir in eine rechtliche Auseinandersetzung geraten, als wir die damals im Entwurf der Verwaltung ebenfalls vorgesehene Umstellung der bisherigen privatrechtlichen Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen Eltern, Trägern und der Stadt in eine öffentliche rechtliche Form übernommen haben. Die unterschiedliche rechtliche Bewertung dieser Frage wurde leider nicht geklärt. Ungeklärt bleibt deshalb auch weiterhin,

• wie die Stadt ihrer inzwischen geltenden gesetzlichen Pflicht auf bedarfsgerechte Versorgung mit Kitaplätzen gerecht werden will,
• wie sie den individuellen gesetzlichen Anspruch auf bedarfsgerechte Betreuung sicherstellen will und
• wie sie eine Qualitätssicherung und finanzielle Gleichbehandlung der Kitabetreiber sicherstellen will.


Die Stadt sieht offenbar auch keine Notwendigkeit, zum einen die Zusammenarbeit mit den Trägern den inzwischen geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen, noch zum anderen ihre eigene gesetzliche Verpflichtung aktiv wahrzunehmen. Es wird auch nicht etwa eine Entgelt- und Benutzungsordnung vorgelegt, die in den übrigen Regelungen dem Vorschlag entspricht, der hier im Rat bereits einmal eine Mehrheit gefunden hat. Nein, stattdessen wird jetzt ein neuer Entwurf zur Abstimmung gestellt, der in einigen Punkten auf alte Positionen zurückfällt und in manchen Punkten den Anschein erweckt, als übernehme er Positionen der Arbeitsgruppe der Fraktionen.

Das ist aber eindeutig nicht der Fall,
• die Platzvergabe bleibt undurchsichtig und erfolgt von Kita zu Kita nach ganz unterschiedlichen Kriterien,
• Die Elternbeiträge werden sich erhöhen - mit Ausnahme der neu geschaffenen unteren Einkommensstufe – denn es wird nicht mehr das bereinigte Bruttoeinkommen als Grundlage genommen, sondern das reine Bruttoeinkommenunden.

Brigitte Netz aus dem Vorstand der Winsener SPD hat dies in einer Beispielberechnung dem Fachausschuss für Schulen und Kindertagesstätten eindeutig belegt.

Aus diesen Gründen werden wir der heute vorliegenden Satzung nicht zustimmen!

Wir nehmen mit Bedauern zur Kenntnis, dass die Winsener Liste offenbar bereit ist, die gemeinsam erarbeiteten inhaltlichen Positionen zur Entgelt- und Benutzungsordnung für Kindertagesstätten aufzugeben. Sie haben lediglich einen Runden Tisch veranlasst, bei dem keine Elternvertreter angehört wurden und auch kein Wort über die Beiträge erfolgt ist. Der Verwaltungsentwurf sollte möglichst hinter verschlossenen Türen behandelt werden. Ich appelliere deshalb an Sie: bleiben Sie ihrer inhaltlichen Linie treu, die sie in den vergangenen knapp 2 Jahren gegangen sind und gehen sie den Weg der CDU nicht mit. Lehnen sie mit uns den vorliegenden Entwurf ab!


Aber auch wenn dieser Appell ungehört bleibt: Die Winsener SPD wird sich weiter dafür einsetzen, dass

• Betreuungsbedarfe in dieser Stadt systematisch erfasst werden, damit die erforderlichen Krippen-, Kindergarten- und Hortplätze am richtigen Ort und mit dem erforderlichen Betreuungsumfang bereitgestellt werden,
• Winsen seine Stellung als attraktiver Wohnstandort in der Metropolregion Hamburg nicht durch mangelhafte Bedingungen in Krippen, Kita und Hortbetreuung verliert

Jeder, der uns dabei unterstützt, diese Forderungen durchzusetzen, ist herzlich willkommen."

Der Satzungsentwurf der Verwaltung wurde am Ende mit den Stimmen von CDU und Winsener Liste trotz eindeutiger Mängel beschlossen - u. a. hat der Bürgermeister seine Beitragserhöhungen bekommen, ein Punkt, den die Winsener Liste übrigens bis vor Kurzem noch vehement abgelehnt hat.