Mit der Grundsatzrede zum städtischen Haushalt 2011 hat der Vorsitzende der Ratsfraktion, Dirk Oertzen, die Positionen der SPD deutlich auf den Punkt gebracht:

Frau Bürgermeisterin, Heinrich, verehrte Ratskolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

bevor ich mich zum Haushalt 2011 äußere, möchte ich mich auf diesem Weg bedanken. Bedanken bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der Bürgermeisterin, für die Zusammenarbeit und Unterstützung im abgelaufenen Haushaltsjahr. Sicher haben wir uns und sie sich auch in den letzten 12 Monaten mal übereinander geärgert - aber wir hoffen, dass der persönliche Respekt unter unterschiedlichen Standpunkten nicht leidet.

Gleiches gilt im Übrigen auch für die Mitglieder dieses Rates. Unterschiedliche Entscheidungen lassen mich nicht zweifeln, dass wir alle unsere Ideen und Vorstellungen zum Wohle dieser Stadt entwickeln und verteidigen.

Und jetzt zu diesen unterschiedlichen Standpunkten!

Mit den Haushaltberatungen verhält es sich wie mit den vielen Diäten, die ja auch Anfang des Jahres überall angeboten werden. Meistens versprechen sie vielmehr, als hinterher dabei herauskommt. Vielen geht auf dem Weg zum Idealgewicht bzw. zur Haushaltskonsolidierung der Mut und die Ausdauer verloren.

Dabei leiden viele kommunale Haushalte an gerade dieser typischen Zivilisations-Krankheit: Übergewicht. Übergewicht an Ausgaben und mangelnder Bewegung. Der gesamte Staat leistet sich immer noch mehr als er verdauen kann und eigentlich darf. Deshalb gilt es weiterhin, Diät zu halten - einen Sparkurs einzuhalten und in der Hauptsache nur diejenigen Investitionen und Ausgaben vorzunehmen, die unumgänglich oder zukunftsweisend sind.

Der Bürger sollte deshalb, anders als bei den vollmundigen Diätversprechungen, erwarten, dass die Politik bei Vorlage eines Haushalts mit ehrlichen, generationengerechten und soliden Vorschlägen aufwartet.

Ganz anders aber bei uns in Winsen. Wir hätten uns sehr gewünscht, die übrigen Fraktionen im Rat hätten mehr Mut und Konsequenz bewiesen, der mit fast 900.000 Euro defizitären Haushaltslage auch entsprechende Konsequenzen folgen zu lassen. Die Versprechungen haben wir sehr wohl noch im Ohr. Es gibt aber offensichtlich wenig Bereitschaft, Perspektiven aufzuzeigen, wie ein Weg aus der Schuldenfalle zu finden wäre. Nur wenige sind bereit, unpopuläre Maßnahmen vorzuschlagen. Offensichtlich schlägt das Wahljahr 2011 doch schon deutlich durch.

Obwohl sich die prekäre Finanzlage schon seit längerer Zeit abzeichnet, wird beispielsweise den Vereinen weiterhin die heile Welt vorgegaukelt. Dass sich so nach bewilligten Zuschüssen von rund 370.000 Euro im Jahr 2010 für 2011 eine Liste von Zuschussanträgen mit rund 490.000 Euro ansammelt, ist nur verständlich.

Warum verhalten sie sich als Ratsmitglieder nicht so, wie sie es auch privat täten?

In Anbetracht fehlender Einnahmen hätten sie Ihrer Familie längst signalisiert, dass in diesem Jahr nur die Ausgaben getätigt werden, die unaufschiebbar sind. Alles das, was nicht zum täglichen Leben benötigt wird, würde kritisch untersucht. Renovierungen würden verschoben, vielleicht reicht auch mal ein Eimer Farbe. Klar wäre aber auch, bei den Kindern würde nicht gespart. Eine Kreditaufnahme zur Finanzierung der täglichen Ausgaben wäre unvorstellbar. So jedenfalls würde eine verantwortliche Familie mit finanziellen Krisen umgehen.

Sie aber haben in den zurückliegenden Beratungen in den Fachausschüssen den Eindruck vermittelt, als würde es das Finanzproblem nicht geben. Nahezu alle Zuschussanträge - egal ob zwingend notwendig oder nice to have, sind durchgewunken worden. Glauben Sie mir, die Bürger oder Vereine hätte eine ehrliche Antwort vertragen und verstanden!

Meine Herren, meine Damen, die wichtigste Investition die wir auf städtischer Ebene gestalten und auch im Hinblick auf die Haushaltslage verantworten können, ist der fortgesetzte Einsatz von erheblichen Haushaltsmitteln in den Bereich Erziehung und Bildung. Wir sind in Winsen mit dem eingeschlagen Weg zum Ausbau der Hort-, Krippen- und Kindergarteneinrichtungen auf einem ehrgeizigen aber notwendigen Weg, den es gilt, auch in finanziell schwierigen Zeiten beizubehalten. Bildung möglich machen heißt auch, die notwendigen Gebäudemodernisierungen im Schulbereich sicher zustellen. Die SPD-Fraktion steht ohne Einschränkungen zu diesem Weg, den wir zusammen mit den Grünen und den Freien Winsenern eingeschlagen haben.

Unser Ziel bleibt es auch weiterhin, Bildung und Erziehung in Winsen grundsätzlich beitragsfrei anzubieten, die defizitäre Haushaltssituation zwingt uns jedoch dazu, hier eine Pause einzulegen.

Bedauerlich finden wir, das Winsen bei der Frage einer möglichen Ansiedlung einer Außenstelle einer Fachhochschule nicht zum Zuge kam.

Ganz nahe dran am Thema Bildung ist auch das Thema Integration. Wir haben mit unserem Antrag zur Konzentration der diesbezüglichen Mittel auf eine einzige Haushaltsstelle Bewegung in die Diskussion gebracht. Unbestreitbar brauchen wir in Winsen eine fortgesetzte Integration von Mitbürgern anderer Nationen – gelingt uns dieses, ist das die beste Investition in eine gemeinsame Zukunft aller in Winsen. Große Teile hiervon werden in Sprachförderungen fließen, die wir als Grundvoraussetzung erfolgreicher Integration verstehen. Aber wir sind hier auch noch am Anfang. Schon zu Beginn dieses Jahres wird sich der zuständige Fachausschuss mit einer Neukonzeption von Migrationsaufgaben befassen.

Einen neuen Weg werden wir als SPD in Sachen Bürgerbeteiligung gehen. Wir wollen uns mit dem Instrument „Bürgerhaushalt" bewusst ein Stück Richtung direkter Demokratie bewegen. Dieses, meine Herren und Damen, wird nicht bedeuten, das „gegen alles zu sein „ gefördert wird. Vielmehr sind vernünftige Vorschläge und Lösungen gefragt. Das jüngste Umfragen ergeben haben, dass beinahe jeder Zweite die repräsentative Demokratie infrage stellt, ist kein Geheimnis. Deshalb wollen wir auch für Winsen neue Formen des Mitmachens suchen. Der Bürgerhaushalt ist eine Möglichkeit, Winsens Bürger mehr mitzunehmen.

Ein Wort noch zur Einnahmeseite dieser Stadt. Dass auch hier mit der Fraktion der FDP und der CDU Parteien am Tisch sitzen, die im Koalitionsvertrag eine Abschaffung der Gewerbesteuer vereinbart haben, ist ein Alarmsignal auch für unsere Stadt. Auch Winsen verlöre damit eine der wichtigsten Säule ihrer Einnahmen.

Meine Damen und Herren, ich bin damit am Ende meiner Ausführungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.